Interview

Nick Witney: Gewissen Europas für den Bereich der Fähigkeiten

  • 01 Jan. 2005 - 31 March 2005
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  • Last updated 04-Nov-2008 02:07

Nick Witney ist der erste Hauptgeschäftsführer der Europäischen Verteidigungsagentur, also desjenigen Gremiums, das im Juli 2004 auf der damaligen EU-Ministerratstagung zur Verbesserung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten errichtet worden ist. Bevo

Nick Witney: Es handelt sich um eine Agenturdes EU-Rates, die mit dem Auftrag errichtet wurde, „denMitgliedstaaten bei ihren Bemühungen Hilfe zu leisten, dieeuropäischen Verteidigungsfähigkeiten auf dem Gebiet derKrisenbewältigung zu verbessern und die Europäische Sicherheits-und Verteidigungspolitik in ihrer jetzigen und künftigen Form zuunterstützen“. Wir müssen uns also mit den heutigen Erfordernissenbefassen und die Erfordernisse zu prognostizieren versuchen, denenwir in 20 bis 30 Jahren gegenüberstehen werden.

Genauer gesagt hat die Agentur vier Hauptaufgaben erhalten. Diesebeziehen sich auf die Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten, dieRüstungszusammenarbeit, die militärtechnologische undrüstungsindustrielle Basis Europas und den Rüstungsmarkt sowie aufdie Förderung der Zusammenarbeit und Forschung imTechnologiebereich. Das ist ein recht umfassendes Aufgabenspektrum,auch wenn wir in operativer Hinsicht keinerlei Verantwortung habenund auch nicht bei verteidigungspolitischen und strategischenFragen zu Rate gezogen werden.

Mit Ausnahme Dänemarks, das sich nicht mehr an der EuropäischenSicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) beteiligt, ist jederEU-Mitgliedstaat auch in der Agentur vertreten. DerFinanzierungsmechanismus beruht auf einem Verteilerschlüssel, dersich am Bruttosozialprodukt ausrichtet. Doch derzeit sind dieSummen, um die es hier geht, nicht sehr groß. Der diesjährigeHaushalt beträgt 20 Mill. Euro. Das ist genug, um die Gehälter zuzahlen und unsere neuen Büros einzurichten, und dann haben wir noch3 Mill. Euro als Anfangskapital, mit denen wirDurchführbarkeitsstudien finanzieren können.

Die Europäische Verteidigungsagentur ist die dritte Agentur, diedem Rat unterstellt worden ist. Die ersten beiden waren dasSatellitenzentrum in Torrejón und das Institut fürSicherheitsstudien in Paris; beide waren zuvor Agenturen derWesteuropäischen Union.

Unsere Organisation weist mehrereBesonderheiten auf. Die Agentur ist zwar klein, hat aber auch einenbreiten Aufgabenbereich, und sie versteht sich weitgehend alsEigentum der Mitgliedstaaten. Sie wird von einem Vorstand geleitet,dessen Vorsitz Javier Solana führt (der Leiter der Agentur undsomit mein Chef) und der sich aus den Verteidigungsministern dereinzelnen Mitgliedstaaten zusammensetzt. Der Vorstand tritt aufmehreren Ebenen zusammen. Manchmal werden die nationalenRüstungsdirektoren vertreten sein, manchmal die Forschungs- undTechnologiedirektoren, manchmal die Zuständigen für die Entwicklungvon Fähigkeiten. Wenn wir die Startphase hinter uns haben, dürftenwir durchschnittlich alle sechs Wochen zu einer Sitzungzusammenkommen.

Fast unser gesamtes Personal wird von den Mitgliedstaatengestellt, für deren gemeinsame Aktivitäten wir als zentraleSchaltstelle fungieren werden. Wir werden eine Reihe vonGesprächsrunden, Seminaren, Arbeitstagungen und anderen mehr oderweniger formellen Strukturen organisieren, so dass wir zu einemForum werden, in dem die Mitgliedstaaten zusammenkommen, um beizahlreichen Aktivitäten zusammenarbeiten zu können. Die breiteVielfalt der Aktivitäten ist unsere Stärke, denn dadurch werden wirSynergieeffekte nutzen können.

Die Westeuropäische Rüstungsgruppe wird Ende Juni ihre Arbeiteinstellen und wir werden dann ihre Aufgaben übernehmen. Ich hoffe,dass wir auf der Grundlage der verschiedenen Arbeitsprogramme wegenunseres ganzheitlicheren Ansatzes zusätzliche Synergieeffekteerzeugen können. Die Organisation für Rüstungszusammenarbeit isteine zwischenstaatliche Behörde, aber sie gehört nicht denEuropäern. Sie gehört ausschließlich ihren sechs Anteilseignern undist eine reine Beschaffungsagentur, die zur Durchführung bestimmterProgramme bestimmt ist. Daher hat sie vor kurzem die Verwaltung desProgramms für das Transportflugzeug A400M übernommen. Die Aufgabeder OCCAR besteht in diesem Fall darin, den Kontakt zumAuftragnehmer sicherzustellen, damit die Flugzeuge zur richtigenZeit und zum richtigen Preis geliefert werden. Unsere Aktivitätenwerden im Vorfeld der OCCAR-Arbeit beginnen und auch dort bleiben.Wir werden uns bemühen, einen Konsens hinsichtlich der vorrangig zuentwickelnden Fähigkeiten zu erreichen, dann Vorschläge erarbeiten,unsere Ideen präsentieren und dann wiederum auf einen Konsens fürdie weitere Zusammenarbeit hinarbeiten. Vielleicht werden wirspäter einmal selbst einige Managementaufgaben übernehmen. Derzeitbetrachte ich unsere Rolle jedoch als Ergänzung zur Arbeit derOCCAR. Wir werden hoffentlich die Kooperationsprogramme entwickeln,die dann von der OCCAR verwaltet werden. Es wäre zwar niemandverpflichtet, sich für diese Managementaufgaben an die OCCAR zuwenden, aber sie leistet auf diesem Gebiet gute Arbeit und wärewahrscheinlich daran interessiert, derartige Aufgaben zuübernehmen.

Derzeit haben wir 30 Mitarbeiter, aber wennwir im Sommer die erste Einstellungsrunde abgeschlossen haben,werden wir insgesamt 77 Beschäftigte haben. Wir sind in vierHauptabteilungen unterteilt, die jeweils einer der vierHauptfunktionen entsprechen: Entwicklung von Fähigkeiten, Forschungund Technologie (F+amp;T), Rüstung sowie Industrie und Absatz. Werin der Hauptabteilung für Forschung und Technologie arbeitet, wirdsich jedoch nicht ausschließlich mit diesem Gebiet befassen. Dengrößten Teil der Arbeitszeit wird man in integriertenProjektgruppen verbringen. Zu Beginn der Arbeit mit einem Themabestimmen wir stets einen Leiter, der dann eine integrierteProjektgruppe mit Mitarbeitern aller vier Abteilungen aufbaut. Beijeder Frage, mit der wir uns befassen – und dieses Jahr haben wirvier große Projekte –, stellen wir fest, dass nur einganzheitlicher Ansatz möglich ist und wir somit Experten aus allenvier Disziplinen brauchen.

Unsere erste Priorität, die Voraussetzung füralles andere, besteht darin, mit unserer Arbeit in Gang zu kommen,Personal einzustellen und in neue Büros einzuziehen. Wir müssenauch erklären, wer wir eigentlich sind. Es besteht ein ungeheuresInteresse an der Agentur, aber man versteht die Konzeption nochnicht besonders gut. Wir müssen jeden einzelnen unsererAnteilseigner, d.h. die 24 Mitgliedstaaten, kennen lernen.Abgesehen davon haben wir für dieses Jahr ein Arbeitsprogramm mitvier großen Projekten: der europäische Rüstungsmarkt, eine Studiezu Führungs- und Leitsystemen, gepanzerte Kampffahrzeuge undunbemannte Luftfahrzeuge.

Wir sind sozusagen dazu gezwungen gewesen, uns mit demeuropäischen Rüstungsmarkt zu befassen, weil die Kommission imSeptember 2004 ein Grünbuch zu diesem Thema veröffentlicht hat. Ichkann jedoch schon sagen, dass wir auf diesem Gebiet unseren erstenErfolg zu verbuchen hatten. Vor zwei Wochen hatten wir eineVorstandssitzung, auf der alle Staaten der Einleitung einesProzesses zustimmten, der am Ende dieses Jahres zu einerVereinbarung darüber führen soll, dass wir uns um mehr Konkurrenzim Wehrbeschaffungsbereich bemühen werden. Daher werden wir diesesJahr mit diesbezüglichen Untersuchungen und Diskussionenverbringen, um einen zwischenstaatlichen Verhaltenskodex zuentwickeln, der wahrscheinlich zunächst einen freiwilligen,unverbindlichen Charakter haben wird und hoffentlich von allen 24Staaten unterstützt wird. Der Wehrbeschaffungssektor ist weitgehendvon den Regelungen für den europäischen Binnenmarkt ausgenommen.Wenn wir am Ende dieses Jahres einen überzeugenden Plan für dieEinführung von Ausschreibungsverfahren vorlegen können, wird diesein enormer Fortschritt sein. Das wird Europa auch helfen, ausseinen Verteidigungsinvestitionen größeren Nutzen zu ziehen.

Führungs- und Kommunikationssysteme (C3 – Command, Control,Communication) sind bei Auslandsoperationen immer ein Problem. Wirarbeiten nun mit dem EU-Militärstab an einer gemeinsamen C3-Studie.Sie soll im Mai vorliegen und uns drei oder vier Zielvorgaben fürunsere Arbeit geben. Im Laufe der Zeit werden vielleicht infolgeder EU-Mission in Bosnien und Herzegowina weitere Arbeitsbereicheaufgezeigt werden. Ansonsten ist die satellitengestützteKommunikation ein Gebiet, auf dem die Europäer mehr tun könnten,wenn wir das Problem, das im Wesentlichen eine Frage derKapazitäten ist, gemeinsam analysieren könnten und gemeinsameLösungen erarbeiten würden.

In zwei oder drei Jahren werden die vorrangigen Ziele durch einestärker wissenschaftlich geprägte Analyse der Fähigkeiten bestimmtwerden, die zur Abstützung der ESVP erforderlich sind. Zunächsteinmal haben wir uns jedoch für unbemannte Luftfahrzeuge undgepanzerte Kampffahrzeuge entschieden, die aus einergesamteuropäischen Perspektive von Interesse sind. Mehrere Staatensind sich darüber im Klaren, dass unbemannte Luftfahrzeuge einewichtige Neuerung darstellen, und daher investieren sie in eigeneForschungsprogramme. Wenn diese Staaten nicht zusammenarbeiten,wird das Endergebnis aber im Hinblick auf die Interoperabilität unddie praktische Verwendbarkeit nicht so gut sein, wie es eigentlichsein könnte. Auch die Kosten werden wahrscheinlich höher sein.Unser Ziel wäre es dann, genau darzustellen, was auf diesem Gebietin ganz Europa vor sich geht. Diese Analyse werden wir dann auchunserem Vorstand vorlegen und in Erfahrung bringen, ob dieMitgliedstaaten mit der Situation zufrieden sind. Sind sie nichtzufrieden, so werden wir vorschlagen, wie man die Kohärenz derBemühungen auf diesem Sektor verbessern kann. Und ebenso beigepanzerten Fahrzeugen.

Es gibt Vorschläge hinsichtlich eines großenF+amp;T-Ausgabenprogramms für den Bereich der Sicherheitsforschung.Formal müssen wir deutlich zwischen Sicherheitsforschung undVerteidigungsforschung unterscheiden. Verteidigungsminister sindfür die Verteidigungsforschung zuständig, und die dafür bestimmtenMittel kommen aus Verteidigungsetats. Sicherheitsforschung kannauch von der Kommission finanziert werden. Trotz der formalenUnterscheidung werden in der Praxis viele der entwickeltenTechnologien und zahlreiche an der Forschung beteiligte Firmenidentisch sein. Es wird darauf ankommen, die formale Trennungaufrechtzuerhalten und doch dafür Sorge zu tragen, dass dierelevantesten Forschungsprojekte durchgeführt werden. Wir werdeneinen Überblick über die Arbeit der Kommission haben müssen, damitwir nicht am Ende für das gleiche Forschungsvorhaben zweimalbezahlen. Und wir werden die Forschungsergebnisse weitergeben undaustauschen müssen. Es könnte sich sogar als möglich erweisen, dassdie Kommission einige Projekte finanziert, die für unsere Agenturvon Bedeutung sind.

Ich glaube nicht, dass es Experten derVerteidigungsplanung schon einmal so schwer hatten wie heute. Siemüssen nämlich das doppelte Problem lösen, sich von derVerteidigung des eigenen Landes in Richtung auf Auslandsoperationenzu bewegen und zugleich zu versuchen, den Auswirkungen dertechnologischen Revolution Rechnung zu tragen, die uns hinsichtlichder Kriegführung aus dem Industriezeitalter in dasInformationszeitalter führt. In Europa haben wir zu viel schweresMaterial. Unterdessen haben wir Defizite bei einigen entscheidendenFähigkeiten: Durchhaltefähigkeit, Verlegefähigkeit, Mobilität undInteroperabilität. Ein Großteil davon hängt mit neuen Beobachtungs-und Kommunikationssystemen zusammen, wo im zivilen Bereich rasantetechnologische Entwicklungen festzustellen sind. Das ist die Artvon Änderung, zu der wir die Regierungen ermutigen müssen. Da wirjedoch eine kleine Agentur mit einem bescheidenen Haushalt sind,müssen wir im Grunde als Gewissen und Katalysator fungieren.

Wir sind in der Lage, hervorragende Analysen der gesamteneuropäischen Landschaft vorzulegen. Dies wird uns hoffentlichermöglichen, uns immer wieder an unsere Anteilseigner, dieteilnehmenden Mitgliedstaaten, zu wenden, um die jeweiligeSituation zu erläutern und zu fragen, ob sie damit zufrieden sind.Sind sie nicht zufrieden, so werden wir Verbesserungsvorschlägevorlegen. Am Ende werden sich dann 24 Verteidigungsminister daraufeinigen müssen, mit Rücksicht auf die europäische Dimension einigeElemente ihrer nationalen Pläne anzupassen und einige finanzielleMittel auf andere Weise zu verwenden. Ich denke, dies ist möglichund wird auch geschehen, denn die Agentur genießt derzeit großepolitische Unterstützung.

Gerade weil unser Personal aus denverschiedenen Hauptstädten kommt, können wir Einfluss ausüben.Gleichviel wie kenntnisreich oder erfinderisch wir auch wären,könnten wir in den Hauptstädten nichts erreichen, wenn wir einfachdie unserer Meinung nach beste Lösung verkünden und vorlegenwürden, so dass die Regierungen dann damit machen könnten, was siewollten. Wir stehen am Anfang einer sehr langen Reise, die wir,d.h. die Agentur und alle ihre 24 Mitgliedstaaten, gemeinsamzurücklegen müssen. Wir in der Agentur haben die Aufgabe erhalten,eine Marschroute zu erarbeiten, aber wir werden nur Erfolg haben,wenn wir die Mitgliedstaaten mitbekommen und sicherstellen, dasssie nicht abspringen. Ihnen gehört alles, was wirvorlegen.

Die Entwicklung verläuft genau anders herum.Wir haben bereits eine europäische Sicherheits- undVerteidigungspolitik und eine europäische Sicherheitsstrategie, inder Ziel und Zweck der ESVP genau dargelegt werden. Die Agentur hatdie Aufgabe, Europa zur Wahrnehmung derjenigen Aufgaben zubefähigen, die in der Sicherheitsstrategie festgelegt worden sind.Die Sicherheitsstrategie weist jedoch darauf hin, dass Europa, wennes seinen Teil der globalen Sicherheitslasten tragen will, auch dieInstrumente dazu braucht. Derzeit hat Europa diese Instrumentenicht und kann daher seine Aufgabe nur teilweise wahrnehmen. DieAgentur muss versuchen, die dazu erforderlichen Mittel, Fähigkeitenund Instrumente sowie die nötige Infrastruktur bereitzustellen oder– mit anderen Worten – die Kluft zu schließen zwischen dem, wasEuropa heute leisten kann, und dem, was es gern leistenwürde.

Wir sind ja noch in der Anfangsphase. Es gibtaber bereits einige bewährte Mechanismen. Es gibt z.B. dieNATO-EU-Gruppe für Fähigkeiten, und ich werde im April zum erstenMal zu einer Sitzung mit diesem Gremium zusammenkommen. Wir könnenuns auch vorstellen, gelegentlich den Generalsekretär der NATO unddie jeweils zuständigen Beigeordneten Generalsekretäre zu unserenVorstandssitzungen einzuladen. Zudem wird der Agentur vielleichtder Vorsitz der Konferenz der Nationalen Rüstungsdirektorenangeboten, den bisher die Westeuropäische Rüstungsgruppe geführthat, doch dies ist noch nicht endgültig entschieden. Dabei handeltes sich natürlich immer um förmliche Verbindungen. Ich denke, inder Praxis werden sich informelle Kontakte als die besteMöglichkeit erweisen, Überschneidungen der Arbeitsbereiche zuverhindern. Ich habe unser Arbeitsprogramm für dieses Jahr bereitsmit John Colston [dem Beigeordneten NATO-Generalsekretär fürVerteidigungspolitik und -planung] und Marshall Billingslea [demBeigeordneten NATO-Generalsekretär für Verteidigungsinvestitionen]durchgesprochen, um ihre Ansichten zu erfahren und umsicherzustellen, dass wir uns in den ersten Monaten nicht in dieQuere kommen.

Eine gewisse Zusammenarbeit ist vorgesehen.Staaten wie Norwegen und die Türkei werden von denVerwaltungsabmachungen profitieren können, in denen die Art ihrerVerbindung mit der Agentur beschrieben wird und die ihnen einenguten Überblick darüber sichern werden, was innerhalb der Agenturvor sich geht. Planen also z.B. sechs Mitgliedstaaten eine Tagungzu einem bestimmten Projekt, so könnten sie – falls sie dieswünschen – darum bitten, auch daran teilnehmen zu können. Im FalleDänemarks ist das anders, und hier ist auch keine derartigeVerwaltungsabmachung geplant. Dies liegt daran, dass Dänemark einEU-Staat ist, der sich gegen eine Teilnahme entschiedenhat.

Hier geht es um wichtige transatlantischeFragen. Doch die Initiative muss weitgehend von den VereinigtenStaaten ausgehen. Es sind nämlich im Wesentlichen die VereinigtenStaaten, die den Technologietransfer über den Atlantik behindernund den Zugang der Europäer zum amerikanischen Markt einschränken –im Gegensatz zu dem recht offenen Marktzugang, den die Amerikanerin Europa genießen. Die Vereinigten Staaten geben sehr viel mehrfür die Verteidigung aus als Europa, und daher können sie dieseFrage aus einer Position der Stärke angehen. Wenn den Europäerndieses Ungleichgewicht hinsichtlich des Marktzugangs und desAustauschs von Technologien nicht gefällt, dann sind Investitionenin eine stärkere europäische industrielle Basis fürVerteidigungstechnologien das Vernünftigste, was sie tun können,damit diese Fragen unter Bedingungen größerer transatlantischerAusgewogenheit behandelt werden. Dies lässt sich durch dieÜberwindung von Fragmentierungstendenzen und die Förderung vonKonsolidierungsmaßnahmen erreichen, so dass für die nichtunwesentlichen Summen, die in Europa für die Verteidigungausgegeben werden, am Ende effektiv mehr produziert wird. Aber dasist ein längerfristiges Vorhaben. Was den Zugang der VereinigtenStaaten zu europäischen Märkten betrifft, so werden wir in derAgentur gar nichts ändern. Hierbei handelt es sich um eine Frage,zu der die 24 Anteilseigner grundlegend unterschiedliche Ansichtenvertreten. Ich nehme daher an, dass sich der Vorstand in dieserHinsicht darauf einigen wird, uneinig zu sein.

Das hoffe ich sehr. Ich bin davon überzeugt,dass die europäische Rüstungsindustrie eine stärkere Konsolidierungbraucht. Das ist sogar schon seit den 90er Jahren des vorigenJahrhunderts weitgehend so gesehen worden, und in den letztenJahren sind auf manchen Sektoren, z. B. bei der Luft- undRaumfahrt, bereits bedeutende Fortschritte erzielt worden. Aufanderen Gebieten, beispielsweise bei Land- und Seestreitkräften,ist noch keine Konsolidierung zu verzeichnen gewesen. MeinerMeinung nach handelt es sich sowohl um einen operativen als auch umeinen wirtschaftlichen Imperativ, dass wir hier engerzusammenarbeiten. Doch wie bei so vielen derartigen Fragen kann dieAgentur auch diesen Prozess nur durch ihre Empfehlungen undAnalysen unterstützen.

Ein Element unseres diesjährigenArbeitsprogramms besteht in dem Ziel, dem Vorstand am Ende desJahres einige vernünftige Maßstäbe zur Beurteilung unserer Arbeitvorzulegen. Diese Leistungsmaßstäbe werden übrigens neben demLeistungsstand der Agentur auch das Leistungsniveau derMitgliedstaaten ermitteln. Zu den Leistungsmaßstäben, an die ichdenke, zählen ein Ausgabenziel, dem zufolge ein zunehmender Anteilder europäischen Mittel für die Verteidigungsforschung und-technologie in gemeinsame Vorhaben fließt, und möglicherweiseetwas, was sich auf die Kriterien für die „Verwendbarkeit“ vonStreitkräften stützt, wo die NATO Pionierarbeit geleistethat.