Die Lage in und um Kosovo

Gemeinsames Außerordentliches Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der NATO

  • Press Release (1999)097 097
  • Issued on 18 June 1999
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  • Last updated 06-Nov-2008 01:36

  1. Im Kosovo hat sich der Wille der internationalen Gemeinschaft durchgesetzt, indem der Abzug der Sicherheitskräfte der Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) erzielt worden ist und so der brutalen Kampagne der Unterdrückung und ethnischen Reinigung ein Ende gesetzt wurde. Die NATO hat eine entscheidende Rolle gespielt, um dieses Ergebnis zu erreichen. Unser Bündnis spricht den an der Operation Allied Force beteiligten Männern und Frauen für ihren Mut und ihr Pflichtbewußtsein seine Anerkennung aus.
  2. Die Ziele der NATO, die auch die der internationalen Gemeinschaft sind, bleiben unverändert: der vollständige Abzug der militärischen, polizeilichen und paramilitärischen Kräfte der BRJ aus dem Kosovo; ein Ende aller Gewalt; die vorbehaltlose und sichere Rückkehr aller Flüchtlinge und Vertriebenen sowie der ungehinderte Zugang humanitärer Hilfsorganisationen zu diesen Menschen; und die Erstellung eines politischen Rahmenabkommens auf der Grundlage der Vereinbarungen von Rambouillet. Die NATO ist entschlossen, ihr Versprechen zu erfüllen, daß die Bewohner des Kosovo nach Hause zurückkehren und in Sicherheit und ohne Furcht leben können. Die Bündnispartner sind entsetzt angesichts der zunehmenden Beweise für begangene Grausamkeiten im Kosovo. Sie arbeiten aktiv mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zusammen, um diejenigen vor Gericht zu bringen, die für Grausamkeiten und Kriegsverbrechen verantwortlich sind. Ein dauerhafter Frieden im Kosovo muß sich auf Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit gründen.
  3. Um diese Ziele zu erreichen, wird die KFOR-Truppe, mit der NATO als Kern, zur Zeit zügig ins Kosovo verlegt, wie durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Maßgabe von Kapital VII der VN-Charta autorisiert.
  4. Die Allianz ist entschlossen, dabei mitzuhelfen, ein friedliches, multiethnisches und demokratisches Kosovo innerhalb der BRJ zu schaffen. Die KFOR-Truppe wird ihr Mandat vorurteilsfrei und unparteiisch durchführen. Die NATO wird den Menschen des Kosovo beim Aufbau demokratischer Institutionen und einer zivilen Gesellschaft helfen, auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte für alle Kosovaren, gleichberechtigt und ungeachtet ihrer ethnischen Abstammung oder Glaubensgemeinschaft. Als erste sofortige Schritte zur Erreichung dieses Ziels erwartet die NATO, daß:
    • die Behörden der BRJ den vollständigen Abzug ihrer Sicherheitskräfte in Übereinstimmung mit dem in der Militärisch-Technischen Vereinbarung zwischen der NATO und der BRJ festgelegten Zeitplan zum Abschluß bringen;
    • die Kosovo-Befreiungsarmee (KLA) und andere bewaffnete Gruppen im Kosovo uneingeschränkt mit KFOR zusammenarbeiten, sich jeder Gewaltanwendung und besonders jeder Provokation gegen abrückende serbische Kräfte enthalten, jede Maßnahme unterlassen, die die Einrichtung der von den Vereinten Nationen geleiteten Zivilverwaltung behindern würde, ihre Verpflichtungen zur Entmilitarisierung nach Maßgabe der Resolution 1244 des VN-Sicherheitsrates erfüllen und die Menschenrechte aller Völker im Kosovo achten.

    Die KFOR-Truppe wird keinerlei Infragestellen ihrer Autorität oder Einschüchterung der Menschen im Kosovo dulden.

  5. Das Bündnis begrüßt die Zusagen der Partnerstaaten und anderer interessierter Nationen, sich an KFOR zu beteiligen.
  6. Die Allianz sieht der Teilnahme der Russischen Föderation an KFOR im Rahmen einer einheitlichen Kommandokette erwartungsvoll entgegen. Die Bündnispartner sind zuversichtlich, daß Vereinbarungen gefunden werden, die russischen und NATO-Streitkräften ermöglichen, zusammen zu arbeiten, um allen Völkern im Kosovo Frieden und Stabilität zu bringen. Das Bündnis und seine Mitgliedstaaten sind nach wie vor bereit, Konsultationen und uneingeschränkte Kooperation im Rahmen der NATO-Rußland-Grundakte wiederaufzunehmen.
  7. KFOR wird an der Schaffung eines sicheren Umfelds arbeiten, in dem die VN-geleitete zivile Verwaltung und internationale Organisationen ungehindert tätig werden können. Die NATO erwartet die baldige Einrichtung der VN-Übergangsverwaltung (UNMIK) im Kosovo und wird eng mit dieser Verwaltung gemeinsam mit OSZE und EU zusammenarbeiten. Die Bündnispartner appellieren an alle Völker des Kosovo, die Autorität der UNMIK anzuerkennen und voll und ganz mit ihr zusammenzuarbeiten. Das Bündnis unterstützt UNHCR und nichtstaatliche Organisationen bei der Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen nach Hause. Die Bündnispartner werden eng mit dem VN-Minenaktionsdienst und anderen internationalen und nichtstaatlichen Organisationen bezüglich des Bewußtseins der Minengefahr und Räumungsaktivitäten zusammenarbeiten, mit dem Ziel, ein sicheres Umfeld für die Rückkehr der Flüchtlinge und die Durchführung des zivilen Auftrags zu gewährleisten. Die Bündnispartner sehen einer engen Zusammenarbeit mit allen diesen Organisationen erwartungsvoll entgegen, um dauerhaften Frieden und Sicherheit im Kosovo zu schaffen.
  8. Das Bündnis weist erneut auf die große Bedeutung hin, die die Staats- und Regierungschefs in Washington der Stabilität der demokratisch gewählten Regierung Montenegros beigemessen haben.
  9. Stabilität in Südosteuropa ist ein vorrangiges Ziel unserer Regierungen. Das Bündnis wird nicht zulassen, daß die Nachbarstaaten der BRJ durch das Regime in Belgrad destabilisiert werden. Das Vorgehen Belgrads hat den Ländern in der Region außerordentlichen Schaden zugefügt. Das Bündnis spricht insbesondere den Regierungen Albaniens und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien seine Anerkennung für die Bewältigung des massiven Zustroms von Flüchtlingen aus. Die Allianz würdigt auch die Unterstützung durch die Regierungen Bulgariens und Rumäniens zur Wahrung der Stabilität in der Region aus. Das Bündnis wird mit allen Partnerstaaten hinsichtlich der Probleme in der Region zusammenarbeiten. Die Bündnispartner arbeiten im Rahmen der NATO-Initiative für Südosteuropa zusammen, um die Nationen dieser Region bei der Schaffung einer besseren Zukunft zu unterstützen, die auf Demokratie, Gerechtigkeit, sicherheitspolitischer Zusammenarbeit und wirtschaftlicher Entwicklung und Integration gründet. Das Bündnis unterstützt den EU-Stabilitätspakt für Südosteuropa und die regionalen Kooperationsanstrengungen der Länder in der Region. Das Ziel eines stabilen Südosteuropas kann erst gewährleistet werden, wenn die BRJ Demokratie verwirklicht und die Rechte aller Minoritäten, auch in der Wojwodina und im Sandjak, achtet.
  10. In der Washingtoner Gipfelerklärung haben die Staats- und Regierungschefs ihr Bekenntnis zu den Prinzipien der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, auf denen das Bündnis gründet, bekräftigt und ihre Vision des Bündnisses für das 21. Jahrhundert zum Ausdruck gebracht. Die Aktion der NATO im Kosovo ist Ausdruck dieses Bekenntnisses und dieser Vision.